File:Geschichte der Philosophie by Albert Schwegler 073.jpg

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Deutsch: Buch: Geschichte der Philosophie im Umriß. Ein Leitfaden zur Übersicht. Neue Ausgabe, durchgesehen und ergänzt von Jakob Stern (Reclams Universal-Bibliothek. Band 2541/2545), Leipzig: Reclam, o. J. [1889].
Date
Source Geschichte der Philosophie im Umriß
Author Albert Schwegler (1819 - 1857)


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TEXT


(Sokrates)
73
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Man sieht hieraus, auf was die sokratische Induktion hinsteuerte: auf die begriffsmäßige Definition. Ich definiere einen Begriff, wenn ich sein Was, sein Wesen, seinen Inhalt entwickle. Ich definiere den Begriff der Gerechtigkeit, wenn ich das Gemeinsame, die logische Einheit seiner verschiedenen Erscheinungsweisen aufstelle. Eben hierauf nun ging Sokrates aus. „Das Wesen der Tugend zu erforschen“ — sagt eine aristotelische Schrift (Eud. Eth. I, 5.) — „hielt Sokrates für die Aufgabe der Philosophie und deswegen untersuchte er, was die Gerechtigkeit sei und was die Tapferkeit, (d. h. er untersuchte das Wesen, den Begriff der Gerechtigkeit,) denn alle Tugend hielt er für ein Wissen.“ In welchem Zusammenhang diese seine Methode der Definitionen oder der Begriffsbildungen mit seinen praktischen Bestrebungen stand, ist hieraus leicht zu erkennen. Nur deshalb ging er aus den Begriff jeder einzelnen Tugend, z. B. der Gerechtigkeit, zurück, weil er überzeugt war, daß das Wissen um diesen Begriff, daß eine klare Erkenntnis desselben auch für jeden einzelnen Fall, für jedes einzelne sittliche Verhältnis, der sicherste Wegweiser sei. Alles sittliche Handeln, glaubte er, müsse als ein bewußtes vom Begriff ausgehen.
Man kann hiernach die sokratische Methode bezeichnen als die Virtuosität, aus einer gewissen Summe gegebener gleichartiger Einzelerscheinungen auf dem Wege der Induktion das ihnen zu Grunde liegende Allgemeine, (das ὁρίζεσθαι ϰαϑόλου,) ihre logische Einheit zu finden. Zur Voraussetzung hat diese Methode die Anerkenntnis, daß das Wesen der Gegenstände im Denken erfaßt worden, daß der Begriff das wahre Sein der Dinge sei. Man sieht hieraus, wie die platonische Ideenlehre nur die Objektivierung dieser Methode ist, die bei Sokrates selbst freilich nur erst als subjektive Fertigkeit erscheint. Die platonischen Ideen sind die sokratischen Allgemeinbegriffe, als reelle Einzelwesen gesetzt. Treffend bestimmt daher Aristoteles (Metaph. XIII. 4.) das Verhältnis der sokratischen Methode und der platonischen Ideenlehre mit den Worten:

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